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Buchtipps 2022 Frühjahr Erwachsene

Buchtipps 2022 Frühjahr Erwachsene

Tell (Joachim B. Schmidt)

Tell

Joachim B. Schmidt

Schillers „Tell“ als Antiheld und ohne Rütlischwur
Der Autor ist bekannt geworden mit seinem äußerst erfolgreichen Roman „Kalmann“. Er lebt schon lange Jahre in Island, ist aber gebürtiger Schweizer und dort spielt auch sein neuer Roman. Tell, Lichtgestalt und Schweizer Nationalheld und keine historisch verbürgte Figur, ist hier im Roman ein Eigenbrötler und Querulant, ein Bergbauer, der gezwungen ist, seine Familie durch Wilderei zu ernähren. Eigentlich will er nur seine Ruhe und seinen Leiterwagen zurück. Zum Tyrannenmord treiben ihn die äußeren Umstände, nicht der politisch motivierte Freiheitskampf. In kurzen „Kapiteln“ (oft nur eine Seite) und aus der Sicht von über 20 Protogonisten (die Tellfamilie, die allseits bekannten Tell-Figuren, zufällige Beobachter etc.) entwickelt sich eine äußerst spannende, wenn auch der Zeit geschuldet sehr grausame Geschichte. Schlicht und gradlinig von Schmidt erzählt. Braveheart in der Schweiz.
Margret Thorwart

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Dschinns (Fatma Aydemir)

Dschinns

Fatma Aydemir

Die Geister der Gegenwart und der Vergangenheit.Eine deutsch-türkische Familiengeschichte
Über 30 Jahr hat Hüseyin Yilmaz in Deutschland gearbeitet, Überstunden und Extraschichten gemacht und mit Emine zusammen vier Kinder großgezogen. Jetzt, da alle erwachsen sind bis auf den Nachzügler Ümit, kann er sich seinen Traum erfüllen: Mit seinen Ersparnissen kauft er eine Wohnung in Istanbul. Hier fängt die Geschichte an. Hüseyin ist dabei, alles vorzubereiten, denn nächste Woche kommt die Familie zur Wohnungsbesichtigung. Doch ein mühevolles Leben hat seinen Preis, er erleidet einen Herzinfarkt und stirbt. Nicht zur Wohnungsbesichtigung, sondern zur Beerdigung reist die Familie jetzt an, und das in Rekordzeit. Nach islamischem Recht muss Hüseyin innerhalb von 48 Stunden begraben werden. In den folgenden Stunden der Anreise in ein für die Kinder fremdes Land erzählt Aydemir die Geschichte einer Familie, in der das Schweigen und Verschweigen dazu geführt hat, dass keiner weiß, wer der Andere ist. Erzählt wird aus sechs Perspektiven, die der Kinder und die der Eltern. Am eindrücklichsten für mich war die Figur der ältesten Tochter, Sevda. Sie bleibt zunächst bei den Großeltern in der Türkei und wird vom Vater, als sie 12 Jahre alt ist, nach Deutschland geholt. Eine Schule besucht sie nie. Trotzdem schafft gerade sie es, sich aus den familiären Zwängen und kulturellen Traditionen zu lösen. Ein sehr intensiv erzählter Roman über eine Familie, in der jeder einsam mit seinen bösen Geistern kämpft. Eingebettet in eine Zeit, als das Wort „Willkommenskultur“ noch nicht mal erfunden war. Das Buch hat mir ausgesprochen gut gefallen, ein einziger kleiner Wermutstropfen ist der etwas unnötige Showdown am Ende.
Margret Thorwart

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Eine Formalie in Kiew (Dimitrij Kapitelman)

Eine Formalie in Kiew

Dimitrij Kapitelman

Ein Sohn ukrainischer Einwanderer nach Deutschland erzählt
Erschienen ist dieser Roman bereits vor mehr als einem Jahr. Mir ist er zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine begegnet und ich gestehe, Kiew und die Ukraine waren für mich sehr weit weg bis dahin. Seither sind ungeheuerliche Dinge geschehen in dieser Welt und uns allen ist vermutlich klar geworden, wie nahe sich Europa und die Ukraine sind. Die Geschichte, die in diesem Buch erzählt wird, könnte „deutscher“ nicht sein: Der Protagonist entschließt sich nach 25 Jahren in Deutschland jetzt doch die deutsche Staatsbürgerschaft zu beantragen. Leider fehlt ein Dokument und so muss er für „eine Formalie nach Kiew“ reisen. Dort begegnet ihm ein Land, das er so natürlich nicht kennt. Er war seit seiner Kindheit nicht mehr in der Ukraine. Selbst die Sprache ist ihm fremd. Kapitelman schreibt mit einem Wortwitz und voller Ironie und doch nie banal über sehr bewegende Begegnungen, über Heimatlosigkeit, über schwierige Eltern-Kind-Beziehungen, über ein Land, das bereits im Krieg ist: Im Donbass sind schon Kriegshandlungen. Der Autor beschreibt liebevoll die Stadt Kiew, und immer wieder bringt er uns zum Schmunzeln, obwohl die Lage sehr ernst ist. Als sein Vater überraschend anreist, verändert sich die Geschichte noch mehr in Richtung Familien-Roman und am Schluss ist er seinen Eltern wieder ganz nahe. Lesen Sie dieses Buch. Es zeigt Ihnen Kiew, wie es einmal war und hoffentlich wieder sein wird. Es ist eine warmherzige Sohn-Eltern-Geschichte und es ist ein sprachliches Meisterwerk, denn noch nie sind mir in einem Buch so viele neue Wortschöpfungen begegnet. Lassen Sie sich verzaubern!
Theresia Oppold

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Die Enkelin (Bernhard Schlink)

Die Enkelin

Bernhard Schlink

Kaspar, Buchhändler, Mitte 70, findet abends zu Hause wie so häufig das übliche Chaos vor:
verstreute Einkäufe, schmutziges Geschirr, eine umgekippte Rotweinflasche. Seine Frau Birgit ist Alkoholikerin und leidet an Depressionen. Schon oft hat er sie völlig betrunken ins
Bett gebracht. Doch an diesem Abend liegt sie ertrunken in der Badewanne. Die Trauer um seine Frau sowie der Brief eines Verlegers, der ein Manuskript von Birgit veröffentlichen möchte, lassen Kaspar die gemeinsame Zeit rekapitulieren. Kaspar, den mit Birgit rund fünfzig gemeinsame Jahre verbinden, seit sie 1964 als blutjunge Studentin aus der DDR zu ihm in den Westen geflohen ist, findet in ihrem Nachlass einen angefangenen Roman mit deutlich autobiografischen Zügen, aus dem hervorgeht, dass sie dort ihre neugeborene Tochter Svenja aus einer Affäre mit einem verheirateten SED-Funktionär zurückließ – eine Tatsache, über die sie mit Kaspar in all der Zeit nie gesprochen hat. Kaspar möchte im Sinne von Birgit die verlorene Tochter suchen. Er findet sie in einem rechten Milieu im Berliner Umland. Sie ist mit einem Neonazi verheiratet und hat eine Tochter, Sigrun. Die Enkelin. Kaspar versucht seine Enkelin mithilfe von Literatur und Musik sowie Aufklärung über die Politik in der DDR von der rechtsradikalen Einstellung zu lösen. Ein spannender Roman über den Zerfall der DDR und dessen Auswirkungen.
Barbara Casper

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Dunkelblum (Eva Menasse)

Dunkelblum

Eva Menasse

Vielstimmiges Kleinstadt-Epos
Ein kleiner Ort und seine BewohnerInnen schweigt seit mehr als vier Jahrzehnten über ein in den letzten Kriegsmonaten verübtes Massaker an jüdischen Zwangsarbeitern. Im Sommer '89, als die nahe Grenze zu Ungarn durchlässig wird, beginnt sich auch in Dunkelblum einiges zu bewegen und aufzubrechen. Eva Menasse hat ein vielstimmiges Kleinstadt-Epos über das Schweigen geschaffen. Sie zeigt, wie die Einwohner Dunkelblums durch ein komplexes Geflecht aus Abhängigkeiten, gemeinsamer Geschichte, Wissen, Schuld, Scham,
Lüge, Neid und Opportunismus miteinander verbunden sind, und legt die Motive hinter dem jeweiligen Verhalten frei. Aufgrund der zahlreichen Personen und der weitläufigen Verstrickungen erfordert das Buch beim Lesen eine gewisse Aufmerksamkeit. Sprachlich macht es große Freude, weil die Autorin mikroskopisch genau beobachtet und die Menschen mit ihrer dialektalen Färbung sprechen dürfen wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Dunkelblum ist ein fiktiver Ort. Gleichwohl basiert die Handlung auf historischen Fakten. Im Frühjahr 1945 fanden in zahlreichen Orten der Region Massaker statt. Ein starkes Buch!
Jutta Schleinkofer

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Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße (Maxim Leo)

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße

Maxim Leo

Held wider Willen
Michael Hartung ist Videothekenbesitzer in Berlin. Er hat zunächst erfolgreich von VHS auf
DVDs umgestellt und muss nun mit Streamingdiensten kämpfen. Deshalb ist er wieder knapp bei Kasse. Kurz vor dem 30. Jahrestag des Mauerfalls steht der Journalist Landmann in seinem Laden und behauptet, in Stasiakten entdeckt zu haben, dass Hartung der Drahtzieher für die Flucht von 127 Menschen in einer S-Bahn in den Westen war. Hartung dementiert zunächst, doch nach einigen Bieren und der Aussicht auf ein hohes Honorar stimmt er zu, die Geschichte grundsätzlich zu bestätigen. „Sie lügen ja nicht, sie sagen nur nicht die ganze Wahrheit, das ist ein großer Unterschied.“ Für einen Zeitungsartikel, an den sich bald niemand mehr erinnert, kann man ruhig ein bisschen flunkern. Der Journalist Landmann steht unter Erfolgsdruck und schmückt die Geschichte aus. Der Artikel wird ein großer Erfolg und Hartung ein Held. Die Medien reißen sich um ihn, er wird in Talkshows eingeladen, vom Bundespräsidenten empfangen und seine Geschichte soll als Vorlage für ein Buch und einen Film dienen. Hartung und Landmann verstricken sich immer mehr in Lügen. Doch dann verliebt sich Hartung in eine Frau, die damals in dem Zug saß.
Schon allein das erste Kapitel über den Werdegang Hartungs, der immer Opfer des
technologischen Fortschritts war, macht das Buch überaus lesenswert. Und es ist amüsant zu lesen, wie Medienwelt, Politiker und Historiker auf die Schippe genommen werden. Nicht
zuletzt wird man daran erinnert, mehr zu hinterfragen. Eine tragisch-komische Ost-West Geschichte mit dem nötigen Tiefgang.
Jeannine Beihofer

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Wir sind das Licht (Gerda Blees)

Wir sind das Licht

Gerda Blees

Wenn das Brot, das Cello oder ein Stift erzählen
Vier Menschen leben in der Wohngemeinschaft „Licht und Liebe“. Lebten, muss man eher sagen, denn eine der Bewohnerinnen ist gestorben. Verhungert, wie der untersuchende Arzt feststellt. Wie konnte es so weit kommen? Was treibt Menschen dazu, sich derart zu radikalisieren, von allem zu entfremden? Die Niederländerin Gerda Blees lässt in ihrem bemerkenswerten Debütroman kunstvoll und nachvollziehbar unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen. Da hören wir beispielsweise die Sicht des Tatortes, des Brotes, des Lichts, der Nacht, ja sogar die Erzählung selbst ergreift das Wort. Eine bewegende Geschichte in außergewöhnlichem Stil.
Sven Puchelt

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Eine Frage der Chemie (Bonnie Garmus)

Eine Frage der Chemie

Bonnie Garmus

Chemikerin in der Fernsehküche
Elizabeth Zott ist eine intelligente, begabte und gut aussehende Chemikerin, die im Jahr 1952 am Forschungsinstitut Hastings im südkalifornische Commons angestellt ist. Allerdings wird Frauen in der Wissenschaft nicht viel zugetraut. Als der hoch angesehene, aber wenig
attraktive junge Chemiker Calvin Evans und Elizabeth Zott ein Paar werden, zerreißen sich
MitarbeiterInnen am Hastings das Maul über die beiden. Einige Jahre später steht
Elizabeth Zott nach einem Unfall plötzlich allein da. Schwanger, ohne Job, ohne
Absicherung. Zumindest hat sie das Haus, als dessen Miteigentümerin sie Calvin hat
eintragen lassen, ihren treuen Hund Halbsieben und ihren scharfen Verstand. Aber um die
kleine Familie auf Dauer versorgen zu können, braucht es einen Job. Und so landet Elizabeth schließlich als Fernsehköchin in der Sendung „Essen um sechs“. Höchst unterhaltsam erzählt Bonnie Garmus in ihrem Debütroman, wie Elizabeth Zott sich gegen den piefigen Geist der fünfziger und sechziger Jahre zur Wehr und durchsetzt.
Sven Puchelt

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Auf der Straße heißen wir anders (Laura Cwiertnia)

Auf der Straße heißen wir anders

Laura Cwiertnia

Wie lange dauert es, bis aus einem Zuhause eine Heimat wird?
Laura Cwiertnia, stellvertretende Ressortleiterin bei der ZEIT, legt mit diesem Roman ihr literarisches Debüt vor. Es ist eine berührende Familiengeschichte - über mehrere Generationen erzählt. Ausgehend vom Begräbnis der Großmutter, das nach armenischem Ritus durchgeführt wird, mit den exakten Anweisungen der Verstorbenen, beginnt Karlotta (auch Karla genannt) die Geschichte ihrer Familie zu erzählen. Beim Nachlass der Großmutter findet sich ein fein gearbeitetes Armband, das nach Armenien zu einer Frau mit Namen Lilit gebracht werden soll. Nach anfänglichem Widerstand entschließt sich Karlottas Vater doch, mit ihr zusammen nach Armenien zu reisen. In mehreren Rückblicken erzählt uns Karlotta von ihrer Jugend in einer Hochhaussiedlung in Bremen-Nord, von ihrer Großmutter, die als Gastarbeiterin aus der Türkei nach Deutschland kam, und nicht zuletzt von ihrer Urgroßmutter. Über den Völkermord an den Armeniern wurde in der Familie nicht gesprochen und so erfuhr Karlotta nur ganz wenig über ihre Herkunft. Das ändert sich auf der Reise. Eine bewegende Suche nach den eigenen Wurzeln. Ich freue mich, dass der NDR dieses Buch im Februar zum Buch des Monats gewählt hat. Absolute Leseempfehlung!
Theresia Oppold

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Die Kinder sind Könige (Delphine de Vigan)

Die Kinder sind Könige

Delphine de Vigan

Social Media?
Melanie ist schon seit ihrer Jugend eine begeisterte Zuschauerin von TV-Realityshows. Auf der Suche nach Geborgenheit und Liebe, welche sie in der eigenen Familie scheinbar nicht spürt, verfolgt sie mit einer großen Obsession das Leben der KandidatInnen und schafft sich somit eine Ersatzfamilie. Als Melanie selbst eine kleine Familie gegründet hat, stellt sich nach kurzer Zeit eine große Leere ein. Sie fängt nach und nach an, ihr eigenes Familienleben über einen Youtube-Kanal in der Öffentlichkeit zu präsentieren und verfällt schon bald einem Sog, dem sie sich nicht mehr entziehen kann und möchte. Auch ihre beiden Kinder sind täglich vor der Kamera gefordert. Bis eines Tages ihre kleine Tochter entführt wird.  Hier kommt die Polizeibeamtin Clara ins Spiel, die ein vollkommen konträres Leben zu Melanie führt und in der analogen Welt verwurzelt ist. Doch wie kann man einen Verdächtigen ausmachen, wenn das komplette Leben der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde? Ein schockierender und wachrüttelnder Roman, der einem mit leichtem Gruseln und
vielen offen Fragen zurücklässt.
Patricia Mock

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Der Club der Bücherfeen (Thomas Montasser)

Der Club der Bücherfeen

Thomas Montasser

Eine zauberhafte Geschichte über die Freude am Lesen und natürlich über die Liebe
Wir begleiten Victor, einen jungen rumänischen Paketboten bei seinen täglichen Fahrten. Als „musikalischer Paketbote“, denn Victor war in seinem Heimatland Student der Komposition, hat er nicht nur auf seiner Tour einige Sympathien gewonnen, sondern direkt auf den ersten Seiten auch meine! Ein Päckchen mit einer aufgedruckten hübschen Schleife und dem dezenten Hinweis, dass es vermutlich hübsche Dessous enthält, ist der Beginn einer zauberhaften Geschichte. Es ist nicht nur die Geschichte über die vielen, meist überqualifizierten Paketboten, es ist auch eine Geschichte über die Macht der Fantasie. Ein kleiner Junge, ein paar Vierbeiner und natürlich die Empfängerinnen der geheimnisvollen Päckchen und der Bücherpakete sowie die Buchhändlerin und der Club der Bücherfeen tragen zum Lesevergnügen bei. Immer wieder begeistern mich die Geschichten von Thomas Montasser. Es sind echte „Wohlfühlbücher“, die er für uns schreibt. In Zeiten wie diesen notwendiger denn je. Viel Vergnügen dabei! Und wenn Sie mögen, lege ich Ihnen auch „Monsieur Jean und sein Gespür für Glück“ ans Herz. Eine ebenso warmherzige wie schöne Geschichte. Sie sehen, ich bin bekennender Fan von Thomas Montasser.
Theresia Oppold

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Meine Schwester (Bettina Flitner)

Meine Schwester

Bettina Flitner

Dann hat sie es also wirklich getan
Bettina kann sich noch genau an den Moment erinnern, als der Mann ihrer Schwester Susanne sie anrief und damit deren Suizid Wirklichkeit wurde. Den letzten Anruf ihrer Schwester konnte sie nicht annehmen, danach konnte sie sie nicht mehr ereichen. Fast auf den Tag genau 33 Jahre zuvor hat sich auch die Mutter der beiden das Leben genommen. So viele Fragen gibt es rund um dieses Thema, die unbeantwortet bleiben. Hätte ich noch etwas tun können? Habe ich etwas übersehen? Trage ich Schuld? Ein Trauma für die Angehörigen, ein großes Familienthema. Aus dieser Tragik heraus erzählt Bettina Flitner die Geschichte ihrer Familie. Kindheit in den 70er Jahren, viele Umzüge, bürgerliche Fassade, durchzogen von vielen Rissen und den Depressionen der Mutter.
Es ist so ein schweres Thema, doch Bettina Flitner erzählt mit großer Leichtigkeit und einem feinen Humor. Für mich eine ganz besondere Lektüre und unbedingt empfehlenswert.
Birgit Rupp

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Für diesen Sommer (Gisa Klönne)

Für diesen Sommer

Gisa Klönne

Gut, denkt sie. Es ist gut.
Franziska ist Mitte 50 und kehrt nach langer Zeit in ihr Elternhaus zurück. Ihr Vater Heinrich benötigt Unterstützung und ihre Schwester Monika nimmt sich von der Pflege eine Auszeit. Franziska war es schon früh zu eng in der Familie, sie rebellierte, floh, kam zum Tod der Mutter nicht rechtzeitig zurück und fiel damit bei ihrem Vater vollständig in Ungnade. Doch nun ist sie da und läuft vor der Vergangenheit nicht weg, sie stellt sich ihrem Vater und den Gefühlen, die die Rückkehr in ihr auslösen. Dadurch entwirrt sie nach und nach die emotionalen Verstrickungen in der Familie, erkennt die Muster und baut die Verbindung zu ihrem Vater langsam wieder auf. Ein wunderbares Buch, das in meinen Augen dazu einlädt, auch über schwere Themen zu sprechen. Denn es sind vor allem die unausgesprochenen Dinge, die weitergetragen und zu Familientraumen werden.
Birgit Rupp

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Serge (Yasmina Reza)

Serge

Yasmina Reza

Was bedeutet Familie?
Yasmina Reza hat das Theaterstück "Gott des Gemetzels" geschrieben, auf dessen Grundlage Roman Polanski einen meiner Lieblingsfilme gedreht hat. Somit war klar: Sie ist die Göttin der messerscharfen, bitterbösen Dialoge. Das stellt sie auch in diesem tragisch-komischen Roman unter Beweis, der eigentlich eher eine Aneinanderreihung von Szenen ist. Der rote Faden ist ein immerwährender Familienkonflikt (über alles und nichts), der in giftigem Gezanke, bösartigem Gestichel oder beleidigtem Kontaktabbruch und Spiel über Bande ausgelebt wird. Hauptakteure sind die drei in die Jahre gekommenen Geschwister Popper, Pariser Juden, die mit Religion nichts am Hut haben und über die Geschichte ihrer Eltern während der Shoa fast nichts wissen. Der windige Hallodri Serge, das einst umhegte Nesthäkchen Nana und dazwischen der bodenständige, daher etwas farblose Ich-Erzähler und Stoßdämpfer Jean. Nach der Beerdigung ihrer Mutter entsteht der Wunsch, gemeinsam nach Auschwitz zu fahren und so der unbekannten Familiengeschichte nachzuspüren. Zusammen mit Serges Tochter Josephine machen sich die drei auf den Weg nach Polen, wo die Orte der Massenmorde längst touristisch vereinnahmt sind und eher einem Freizeitpark gleichen. Hier zeigt sich, dass selbst der Besuch eines Vernichtungslagers nicht so stark wiegt wie das aufbrausende Temperament und der Dauerfrust von Teilen des Popper-Clans. Der Geschwisterstreit eskaliert... Der Roman hat keinen Spannungsbogen im eigentlichen Sinn, sondern lebt von den fabelhaft komischen Dialogen, aus denen alle Tragik, Hilflosigkeit und Verzweiflung der Figuren spricht. Ein Buch, bei dem ich oft lachen musste, obwohl es von Vergänglichkeit, Einsamkeit und Tod handelt. Auf dem Schutzumschlag steht: Was bedeutet Familie? Nach der Lektüre würde ich sagen: Dass man immer jemanden hat, über den man sich aufregen kann!
Jutta Schleinkofer

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Die Lesereise (Andi Watson)

Die Lesereise

Andi Watson

Skurrile Graphic Novel über den Literaturbetrieb
Ein Autor begibt sich mit seinem neuen Roman auf Lesereise, doch nichts läuft so, wie erwartet. Der Koffer mit den Büchern des Autors verschwindet, Lesungen und Signierstunden fehlt es an Publikum, veranstaltende BuchhändlerInnen scheinen nicht vorbereitet zu sein, das geplante Treffen mit dem Verleger findet nicht statt und die Kriminalpolizei taucht auf, da an allen Orten, an denen sich der Autor aufgehalten hat, Morde geschehen. Trotzdem wird die Lesereise immer wieder verlängert und artet in einen manchmal schwarzhumorigen Albtraum für den Schriftsteller aus. Watsons in schwarz-weiß gehaltene Graphic Novel hat mich mit ihren fast altmodisch anmutenden Illustrationen und dem lakonischen Erzählstil von Beginn an in Bann geschlagen. Ein Buch zum immer wieder Lesen.
Sven Puchelt

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Deutsche Sprichwörter (Karl Simrock & Mehrdad Zaeri)

Deutsche Sprichwörter

Karl Simrock & Mehrdad Zaeri

„In schönen Büchern blättert man gern“
Bereits im Jahr 1846 veröffentlichte der Volkskundler Karl Simrock das Buch „Die deutschen
Sprichwörter“. Etwa 12.000 Redensarten hat er dafür in jahrelanger Arbeit zusammengetragen. Mehr als 1500 davon sind in dieser bibliophilen, alphabetisch sortierten
Ausgabe vertreten. Von „Wer A sagt, muss auch B sagen“ bis „Es hält von 12 Uhr bis
Mittag“. Mehrdad Zaeri hat einige davon in wunderbare, poetische Zeichnungen übertragen.
Ein kleines Schmuckstück!
Sven Puchelt

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Tomaten (Kat Menschik)

Tomaten

Kat Menschik

Ein genussvoller Streifzug
69 Tomatensorten porträtiert die Künstlerin und begeisterte Gärtnerin Kat Menschik in
diesem wunderbaren Buch. Wir erfahren dabei, dass „Green Moldovan“ tomatiger schmeckt
als manch rote Sorte und dass aufgeplatzte Stellen dieser Sorte von selbst verheilen, dass
sich „Sweet Caneros Pink“ mit goldenen Streifen schmückt, dass „Tiflis Rosa“ gerne zwei
Pfund auf die Waage bringt, dass „Gargamel“ Kat Menschiks absoluter Tomatenliebling ist
und die „Kleine Krunkelige“ eigentlich anders heißt. Ein ungemein appetitliches Buch und die
ideale Lektüre für die beginnende Tomatensaison.
Sven Puchelt

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Ich töte, wen ich will (Fabio Stassi)

Ich töte, wen ich will

Fabio Stassi

Bibliotherapeut als Detektiv
Die kleine, feine Edition Converso, gerade von Bad Herrenalb nach Karlsruhe umgezogen, steht mit ihren Veröffentlichungen immer wieder für besondere Leseerlebnisse. „Ich töte wen ich will” ist der Auftakt zu einer Krimireihe mit einer außergewöhnlichen Hauptfigur: Der Römer Vince Corso ist freiberuflicher Bibliotherapeut. Seine Klienten erzählen ihm von ihren Problemen und Vince hilft mit Lektüretipps. Als Vince eines Tages in seine Wohnung kommt, findet er diese verwüstet und seinen Hund vergiftet vor. Wer hat es auf ihn abgesehen? Und warum geschehen in seiner Umgebung immer wieder grausame Morde? Dass Vince immer wieder in der Nähe von Tatorten ist, fällt natürlich auch der Polizei auf, und so gerät er in den Fokus der Ermittlungen. Ein literarischer Krimi, bei dem die Grenzen zwischen Realität und Fiktion manchmal verschwimmen.
Sven Puchelt

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The Maid (Nita Prose)

The Maid

Nita Prose

Nichts bleibt ihr verborgen
Molly Gray ist Zimmermädchen im altehrwürdigen Regency Grand Hotel. Jeden Morgen, wenn sie in ihre Uniform schlüpft und arbeitet, ist sie glücklich. Denn das Hotel mit seinen vertrauten Abläufen ist der Mikrokosmos, den sie versteht. Molly ist anders, hat eine ganz eigene Sicht auf die Welt, wird oft belächelt und unterschätzt. In vielen Rückblicken zeigen sich Mollys tapfere Versuche das mitunter schwierige Leben zu meistern. Dabei steht die große Liebe zur Großmutter, die sie aufgezogen hat, auch nach deren Tod immer noch im Mittelpunkt. Gran war Anker und Ratgeber. Als sie beim Zimmersäubern einen Toten findet, macht sie sich schnell mit ihrem besonderen Verhalten verdächtig. Jemand möchte sie zum Sündenbock machen und webt versteckt ein Netz aus Intrigen. Auf sich allein gestellt muss Molly nun alles tun, um ihre Unschuld zu beweisen und den wahren Verbrecher zu finden. Dabei wächst sie dem Leser immer mehr ans Herz und staunend folgt man ihrer originellen Tätersuche. Als die Situation für Molly immer aussichtsloser wird, darf sie erkennen, dass sie dennoch wahre Freunde hat, die ihre große Herzenswärme schätzen und ihr nun zur Seite stehen. Sie holt zum Gegenschlag aus und wird zur würdigen Gegnerin für ihre Widersacher. Ein witziger und spannender Krimi, der mit manch verblüffender Wendung aufwarten kann, und einer Heldin, die man so schnell nicht vergisst.
Elke Weirauch-Glauben

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Hope Hill Drive (Garry Disher)

Hope Hill Drive

Garry Disher

Australischer Krimi im tiefsten Outback
Constable Hirschhausen, genannt Hirsch, ist in die Kleinstadt Tiverton strafversetzt worden, ans heiße, gottverlassene Ende der Welt. Unglücklich ist er hier aber nicht, und pünktlich zu Weihnachten, während der größten Hitze, bekommt er auch richtig zu tun: Zunächst erschüttert ein Ponymassaker den Ort, dann werden kurz vor Silvester zwei Menschen ermordet. Hirsch ermittelt auf entlegenen Farmen, inmitten von Dürre und Trockenheit und der Perspektivlosigkeit so manches Hinterwäldlers. Dieser Krimi kommt ohne weitschweifige brutale Schilderungen aus, fängt als ruhige atmosphärische Erzählung an und steigert seine Spannung langsam und stetig.
Elisabeth Nagel

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Der Holländer (Mathijs Deen)

Der Holländer

Mathijs Deen

Tod im Watt
Auf einer Sandbank mitten in der Emsmündung findet die niederländische Grenzschützerin Geeske Dobenga auf ihrer letzten Patrouillenfahrt vor der Pensionierung einen Toten. Da der Grenzverlauf in diesem Gebiet nicht eindeutig geklärt ist, streiten sich niederländische und deutsche Behörden um die Zuständigkeit. Der Tote ist ein bekannter deutscher Extremwattwanderer. Sein Partner, mit dem er die gefährliche Wanderung vom Festland nach Borkum angetreten hat, scheint in Vernehmungen verwirrt. Der Eigenbrötler Liewe Cupido, genannt “Der Holländer”, soll für die deutsche Bundespolizei See ermitteln, wie es zu dem Tod kommen konnte. Mathijs Deen erzählt in seinem ersten Kriminalroman ohne Effekthascherei, ruhig und gelassen, und erzeugt dabei einen Sog, dem sich LeserInnen kaum entziehen können. Der zweite Krimi mit dem “Holländer” ist bereits in Arbeit und ich freue mich schon sehr darauf.
Sven Puchelt

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Ein Bistro in der Bretagne (H.K. Anger)

Ein Bistro in der Bretagne

H.K. Anger

Der erste Band mit Bistroköchin Sophie Vidal
Sophie Vidal reist zur Beerdigung ihrer besten Freundin in die Nordbretagne. Sie ist noch ziemlich „durch den Wind“, nachdem sie von ihrem Mann verlassen und aus dem gemeinsamen Haus regelrecht vertrieben wurde. Beim Essen nach der Beerdigung stirbt einer der Gäste, wie es scheint an einem Herzinfarkt. Während Sophie fast schon wieder auf dem Weg zurück nach Deutschland ist, wohin es sie im Grunde nicht mehr zieht, stellt sich heraus, dass der Gast kaltblütig ermordet wurde. Gleichzeitig unterbreitet die Inhaberin der kleinen Gaststätte Sophie das Angebot, doch zu bleiben und im Restaurant zu kochen. Nach kurzem Überlegen und einigen weiteren Einblicken in die Dorfgemeinschaft, sagt Sophie zu und bleibt. Sophie ergänzt die Küche des Gasthauses durch wunderbare vegetarische Kreationen und gleichzeitig steckt sie bald mitten in den Ermittlungen zum Mordfall. Und es bleibt nicht bei diesem einen.... Was mir ausgesprochen gut gefallen hat, sind die bretonischen Rezepte am Ende des Buches und immer wieder sind im Text kurze französische Sätze bzw. einzelne französische Wörter eingeflochten. Dieser Kriminalroman eignet sich hervorragend als Sommer-Lektüre, erst recht wenn Sie als Reiseziel in diesem Jahr die Bretagne gewählt haben. Bon voyage!
Theresia Oppold

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Thirteen (Steve Cavanagh)

Thirteen

Steve Cavanagh

Justizthriller um Schein und Sein
Eddie Flynn, ein New Yorker Strafverteidiger soll einen prominenten Mordverdächtigen
vertreten, dabei nimmt Eddie normalerweise Fälle an, die nicht so viel Aufsehen erregen.
Jedoch glaubt Eddie Bobby, dass er nichts mit dem Mord an seiner Frau und deren
Liebhaber zu tun hat. Doch die Beweislast ist erdrückend und: Der Mörder sitzt in der Jury.
Er hat sich unter die Geschworenen gemischt. Mit einer eiskalten Taktik schafft er es immer
wieder den Verdacht von sich zu weisen. Er geht buchstäblich über Leichen, um zu erreichen, was er sich vorgenommen hat. Er ist brutal und skrupellos. Das Buch ist fortlaufend aus zwei Perspektiven geschrieben: Aus der Sicht des Strafverteidigers und aus der Sicht des Mörders. Das ist äußerst spannend. Es gibt zahlreiche überraschende Wendungen. Das Ende fand ich großartig und passend. Im Thriller geht es nicht um den Täter des Verbrechens. Man kennt ihn bereits von Anfang an. Es geht um das Motiv des Verbrechens. Dieser Thriller ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend und mitreißend. Das richtige Buch für Thriller-Fans!
Barbara Casper

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